Sondergutachten zu Wirtschaftsprüfer EY fällt „vernichtendes“ Urteil.
Welche Rolle spielte EY im Wirecard-Skandal? Ein noch geheimes Gutachten soll dies klären. Laut SPD ist dessen Fazit verheerend: banalste Standards wurden vernachlässigt.
Geheimes Sondergutachten soll Wirtschaftsprüfer stark belasten
Die SPD sieht das Wirtschaftsgutachten des Wirecard-Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY) durch ein noch geheimes Sondergutachten stark belastet. „Der Wambach-Bericht ist ein vernichtendes Urteil für EY“, sagte die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe, die im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu dem Finanzskandal sitzt. Dieser sei zwar sachlich im Ton, in der Sache aber mehr als deutlich. „Eine kritische Grundhaltung fehlte, banalste Rechnungslegungs- sowie Qualitätsstandards wurden vernachlässigt und Warnsignale wurden geflissentlich übersehen.“
Auch Bundeskanzlerin und Bundesfinanzminister sollen gehört werden
Das Sondergutachten liegt in der Geheimschutzstelle des Bundestags. Am Dienstag will sich der Untersuchungsausschuss, der der Frage nach Versäumnissen der Regierung und der Behörden in dem Fall nachgeht, damit in nicht öffentlicher Sitzung befassen. Für Ende der Woche ist eine Befragung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geplant.
Treuhandkonten scheinbar nicht vorhanden
Der Zahlungsabwickler Wirecard hatte im Juni 2020 eingeräumt, dass Bankguthaben auf asiatischen Treuhandkonten in Höhe von mehr als 1,9 Milliarden Euro wahrscheinlich nicht existieren. In der Folge wurde ein Insolvenzverfahren gegen Wirecard eröffnet. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche. Mehrere Ex-Vorstände sitzen in Untersuchungshaft oder sind auf der Flucht.
Der Finanzaufsichtsbehörde BaFin und dem SPD-geführten Bundesfinanzministerium werden in dem Fall weitgehendes Versagen vorgeworfen. Die SPD hingegen verweist immer wieder auf die Rolle des Wirtschaftsprüfers EY, der jahrelang per Wirtschaftsgutachten die Bilanz von Wirecard testiert hatte. Um die Rolle von EY zu überprüfen, hat der Untersuchungsausschuss den Branchenexperten Martin Wambach als Sonderermittler eingesetzt. SPD-Politikerin Kiziltepe warf EY nun vor, nicht zur Aufklärung beizutragen und „möglichst viel im Nebel zu lassen“. Insidern zufolge will EY verhindern, dass der Wambach-Bericht publik wird.
Irritierende Aussagen vom Unternehmen
Am Donnerstag hatte EY auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters zum Fall Wirecard mitgeteilt, intensiv mit allen zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten und die Ermittlungen vollumfänglich zu unterstützen. EY-Mitarbeiter hätten nach derzeitigem Erkenntnisstand professionell und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.
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