Johnson & Johnson ist eines der größten und profitabelsten Pharmaunternehmen der Welt, nicht zuletzt dank seines Impfstoffs gegen Covid. Doch nun meldet der Konzern im Bundesstaat North Carolina Konkurs an. Hintergrund ist ein ausgeklügelter Plan.
Insolvenz trotz solider Zahlen
Besser könnten die Unternehmenszahlen von Johnson & Johnson kaum aussehen. Für die ersten neun Monate dieses Jahres meldet der US-Pharmariese bereits 8 Milliarden Dollar mehr an Umsätzen als im Vorjahr und mit rund 16 Milliarden Dollar einen um rund 30 Prozent höheren Gewinn. Der Börsenwert des Unternehmens liegt derzeit bei etwa 430 Milliarden Dollar, die Barreserven bei 25 Milliarden Dollar. Das alles sind Werte eines soliden und starken Konzerns. Allerdings befindet sich Johnson & Johnson nun im Insolvenzverfahren. Vergangene Woche haben die Anwälte des Unternehmens im US-Bundesstaat North Carolina einen Insolvenzantrag gestellt. Das Ergebnis des Verfahrens dürfte für die gesamte Börsenwelt in den USA von entscheidender Bedeutung sein. Mit der Insolvenz versucht der Pharmariese, Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe zu vermeiden. Dazu bedient sich Johnson & Johnson eines juristischen Kniffs, der bisher nur in wenigen US-Bundesstaaten anerkannt ist – und selbst dort ist er höchst kontrovers diskutiert. Das Verfahren wird daher eine wichtige Symbolkraft haben.
Grund ist Babypuder von Johnson & Johnson
Im Wesentlichen geht es darum, dass 2015 ein Gericht in St. Louis es als bewiesen ansah, dass Frauen durch ein spezielles Babypuder, das Johnson & Johnson jahrzehntelang verkauft hatte, ein höheres Krebsrisiko für ihre Eierstöcke haben. Das Puder wurde auch von vielen erwachsenen Frauen täglich für die Körperpflege verwendet. Zahlreiche Frauen erkrankten und starben infolgedessen. Die Anwälte konnten nachweisen, dass der Hersteller seit Jahrzehnten wusste, dass das im Puder enthaltene Talkum manchmal mit Asbest verunreinigt war – dennoch verkaufte er das Produkt weiterhin und wandte sich mit seiner Werbung sogar gezielt an die arme Bevölkerung in den USA, die größtenteils nicht so gut über die Gesundheitsrisiken der Produkte informiert war. Dies führte nun zu einem Rechtsstreit.
Trick soll Schäden minimieren
Deshalb hat Johnson & Johnson nun zu einem Trick zurückgegriffen, der als „Texas Two-Step“ bekannt ist. Zunächst spaltete sich das Unternehmen in dem südlichen US-Bundesstaat in viele kleine Firmen auf. Der Großteil von ihnen wurde anschließend wieder zu Johnson & Johnson zusammengefasst. Mittlerweile haben einige wenige ein neues Unternehmen namens LTL Management gegründet. Ihr einziges Geschäftsfeld: die Rechtsstreitigkeiten gegen das Babypuder. Natürlich ist dies ein hochgradig verlustbringendes Geschäft. LTL hat keine Chance, mit irgendetwas Geld zu verdienen. Daher verlegten die Anwälte den Firmensitz von LTL nach North Carolina, einem der wenigen Staaten, die den „Texas Two-Step“ anerkennen, und meldeten dort nun Konkurs an. Zuvor hatte die Muttergesellschaft LTL mit zwei Milliarden Dollar belastet, die nun für Entschädigungszahlungen zur Verfügung standen – weniger als bisher ausgezahlt wurde und nur die Hälfte dessen, was Johnson & Johnson den Opfern zuvor angeboten hatte.