Deutschland kämpft mit einem zunehmenden Fachkräftemangel auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Dazu kehren viele bestehende Fachkräfte Deutschland den Rücken zu oder gehen in Rente.
Deutschland kämpft mit wachsendem Fachkräftemangel
Im ersten Quartal dieses Jahres hat der Fachkräftemangel in Deutschland ein Rekordniveau erreicht. Im März stieg die Zahl der offenen Stellen auf einen neuen Höchststand von 558.000, teilte das Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung (KOFA) im vergangenen Monat mit. Um den Arbeitskräftemangel zu beheben, benötigt Deutschland laut Bundesagentur für Arbeit jedes Jahr rund 400.000 neue Arbeitskräfte. Damit hat sich die Fachkräftelücke innerhalb von nur drei Monaten um 88.000 offene Stellen vergrößert. Deutschland versucht seine Fachkräftelücke mit politischen Mitteln zu schließen. Im Jahr 2020 lockerte die Regierung einige Einwanderungsgesetze, um Arbeitskräfte anzuziehen – und die neue Regierung plant, noch weiter zu gehen.
Der wachsende Fachkräftemangel ist ein großes Risiko für den Mittelstand in Deutschland, der nicht unbeachtet bleiben darf. Das BVSV Gewerbezentrum ist Ansprechpartner für mehr als 3 Millionen Betriebe aus dem Mittelstand und ist auf umfassende Risikoanalyse für die Zukunft spezialisiert.
Durch den demografischen Mangel wird der Fachkräftemangel in den nächsten Jahren noch größer werden. Laut der aktuellen KOFA-Studie betrifft der zunehmende Fachkräftemangel den gesamten Arbeitsmarkt. Besonders groß ist der Mangel jedoch im Gesundheits-, Sozial-, Lehr- und Erziehungswesen sowie im Bau-, Architektur-, Ingenieur- und Vermessungswesen und in der Haustechnik. Allein in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Erziehung und Bildung sind rund sechs von zehn Stellen unbesetzt. Auch in den Bereichen Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung, Naturwissenschaften, Geografie und IT sowie Land- und Forstwirtschaft und Gartenbau gibt es überdurchschnittlich viele offene Stellen.
Unzufriedene Akademiker, Handwerker, Softwareentwickler kehren Deutschland den Rücken
Die zunehmenden Auswanderungen von gut ausgebildete Leistungsträger und Akademiker, Handwerker, Softwareentwickler und nicht zuletzt auch Rentner aus Deutschland hat mit Braindrain sogar schon ein eigenes Wort bekommen. „Die Umzugsunternehmen berichten von steigenden Anfragen für Umzüge ins Ausland. Die Gründe dafür sind, die Angst um die Zukunft der Kinder hier in Deutschland, die nicht mehr zu bewältigende Bürokratie und ein desolates Rentensystem mit – im Vergleich zu Europa – niedrigen und damit nicht mehr ausreichende Renten. Und nicht zuletzt die Angst um eine mögliche Geldentwertung.“
Ein großer Teil der Unternehmen ist davon betroffen. Spannungen in den internationalen Handelsbeziehungen und Störungen in den Lieferketten werden die Exportwirtschaft, von der rund ein Viertel aller Arbeitsplätze in Deutschland abhängen, weiter unter Druck setzen. „Gleichzeitig wird sich der Fachkräftemangel in wichtigen Wirtschaftszweigen wie dem Handwerk oder dem Gesundheitswesen aufgrund des demografischen Wandels voraussichtlich verschärfen. Und die Digitalisierung wird einen großen Einfluss darauf haben, welche Qualifikationen in Zukunft gefragt sein werden.“
Pandemie führt zu Servicekräftemangel
Auch andere Branchen sind von Personalengpässen betroffen. Festivalveranstalter sowie Restaurant-, Café- und Barbetreiber in Deutschland haben Mühe, Stellen zu besetzen. Ein Teil des Problems besteht darin, dass die Mitarbeiter des Gastgewerbes in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund von Schließungen und Sperrungen monatelang Kurzarbeit leisten müssen. Als die Bars, Cafés und Restaurants wieder öffneten, hatten viele von ihnen bereits Arbeit in anderen Branchen gefunden oder zögerten, dorthin zurückzukehren.
Lange Arbeitszeiten, unsoziale Arbeitszeiten, unsichere Verträge und niedrigere Löhne machen das Gastgewerbe für potenzielle Arbeitnehmer generell weniger attraktiv. Einige Festivals in Deutschland müssen in diesem Sommer sogar um Arbeitskräfte betteln. Ende April wandten sich die Organisatoren des Festivals „Umsonst & Draußen“ in Würzburg mit einem dramatischen Appell an die Öffentlichkeit – sie suchten 300 Mitarbeiter, die bei der Durchführung des Festivals helfen. Nach der Öffnung von Flugrouten und Flughäfen, entstand oftmals Chaos bei der Gepäckbeförderung. Es gab nicht genug Bodenpersonal, sodass einige Flüge ausfallen mussten.
(TB)